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Unsere Kultur- und Gesellschaftsgeschichte

Die Gestaltung der Landschaft durch den Menschen erfolgte in der Stein-, Bronze- und Eisenzeit. Zahlreiche Zeugnisse aus dieser vorgeschichtlichen Epoche sind noch heute im gesamten Kreisgebiet vorhanden und nehmen in den Museen des Kreises einen hervorragenden Platz ein. Die Großsteingräber der Steinzeit (etwa bis 1.700 v. Chr.) mit ihren Geräten und Waffen aus Felsgestein und Flintstein, die Kegelgräber aus der Bronzezeit (etwa bis 750 v. Chr.) mit den reichen Beigaben aus dem goldglänzenden Metall und die zahlreichen Urnenfriedhöfe der Eisenzeit (etwa von 750 v. Chr. an) sind noch heute überall in den Waldgebieten und der Knicklanschaft anzutreffen.

Während der Völkerwanderungszeit verließen die germanischen Völkerschaften ihre Wohnplätze auf dem Festlandsteil und auf der Insel Fehmarn. Der slawische Volksstamm der Wagrier nahm in den folgenden Jahrhunderten Besitz von diesem wald- und seenreichen Gebiet. Noch heute halten große Ringwälle die Erinnerung wach an die Geschehnisse des ersten Jahrtausends in unserem Kreis: der Wall in Oldenburg, der einstige Königssitz im slawischen Starigrad, die Fluchtburgen in Pansdorf und Süsel.

Als Grenzland erwarb Wagrien um die Jahrtausendwende für die Reichsgeschichte eine ganz bestimmte Bedeutung. Es wurde zum Ausgangspunkt der Christianisierung und der Landnahme durch die Deutschen. Erst mit dem Erstarken einer Reichsgewalt und durch die gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den weltlichen und geistlichen Spitzen entstand im Jahre 948, vom Erzbistum Hamburg ausgehend, im politischen und religiösen Zentrum Wagriens das Bistum Oldenburg. Die missionarische Tätigkeit des ersten Bischofs Marco fand unter seinen Nachfolgern schnell wieder ein Ende. Gleichzeitig mit der Schwächung des Reiches vollzog sich im Bereich der westlichen Slawenstämme im 10. und 11. Jahrhundert eine politische Konzentration, die zu wiederholten Aufständen gegen Deutschtum und Christentum führte.

Erst der Schauenburger Graf Adolf II. von Holstein, ein Fürst ohne politische Machtmittel, leitete in der Mitte des 12. Jahrhunderts die Rückgewinnung Wagriens erneut ein. Bauern und Bürger im Bunde mit Priestern und Mönchen begannen im Raum zwischen Lübeck und Fehmarn ihre Aufbauarbeit und wiesen damit der Ostkolonisation eines Heinrich des Löwen und Albrecht des Bären den Weg. Im Jahre 1149 wurde das Bistum Oldenburg, das seit 1066 unbesetzt geblieben war, erneuert. Zum ersten Bischof von Oldenburg wurde Vicelin geweiht. Zu seinen Einkünften erhielt der neue Bischof auch das Dorf Bosau am Plöner See. Dort entstand noch zu seinen Lebzeiten die Felsenkirche, an der Helmold, der Chronist Ostholsteins, in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wirkte. Seine Chronik der Slawen ist die erste zeitgenössische Darstellung der Geschichte Wagriens und der deutschen Ostsiedelung überhaupt.

Erst Vicelins Nachfolger im Amt des Oldenburger Bischofs, Gerold, nahm die Geschicke seines Bistums in feste Hände. Er erreichte zunächst die Ausstattung seines Bistums mit einem Landbesitz von 300 Hufen. Dieser ursprüngliche Landbesitz des Bischofs lag zum größten Teil im Gebiet des früheren Kreises Eutin, während sich nur drei Dörfer bei dem Bischofssitz Oldenburg befanden.

Als Mittelpunkt dieses bischöflichen Tafelgutes empfahl sich die damalige Holländersiedlung Eutin. Helmold berichtet darüber: „Er gründete die Stadt und den Markt zu Eutin und baute sich dort ein Haus.“ In dieser nur am Rande erwähnten geschichtlichen Tatsache lag der Anfang eines später selbständigen Kleinstaates, der sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte vom Sitz des Lübecker Bischofs (ab 1309) über ein evangelisches Fürstbistum (ab 1647) zum oldenburgischen Landesteil Lübeck (ab 1919), zum Kreis Eutin (ab 1937) wandelte und ab 1970 zu einem Bestandteil des neuen Kreises Ostholstein wurde.

Auch die weitere Entwicklung seines bisherigen Bischofssitzes in Oldenburg beeinflusste Gerold. Zur Sicherung seiner Kolonisationsarbeit hatte Graf Adolf II. Siedler aus dem übervölkerten Westen ins Land gerufen. Die deutsche Stadtgründung Lübeck nahm einen schnellen, verheißungsvollen Aufstieg und wurde bald zu einem neuen Mittelpunkt im Kolonisationsgebiet.

Oldenburg, die abgelegene Stadt im Winkel, verlor dadurch an Bedeutung. Es war daher nicht verwunderlich, daß Gerold seinen Bischofssitz im Jahre 1163 nach Lübeck verlegt. Herzog Heinrich der Löwe belohnte diesen Entschluss mit der Grundsteinlegung für den Lübecker Dom und der Gründung des dortigen Domkapitels.Die vom Grafen Adolf II. ins Land gerufenen Kolonisten aus Holland, Friesland, Flandern und Westfalen besiedelten zunächst ganz Ostholstein, während die früheren Bewohner Wagriens das Gebiet östlich des Oldenburger Grabens und die Insel Fehmarn in Besitz behielten.

Die Besiedlung unseres heutigen Kreisgebietes durch die deutschen Einwanderer, die teils weltlichen und teils geistlichen Herren unterstanden, führte zu einer ganz unterschiedlichen Entwicklung im nördlichen und im südlichen Raum. Während der Adel sein Bestreben darauf richtete, landwirtschaftliche Großbetriebe in der Form von späteren Gutsbezirken mit den dazugehörigen Bauerndörfern zu schaffen, hielt der bischöfliche Gutsherr darauf, Dörfer mit selbständigen Bauern, die wohl einer Hofdienstpflicht unterlagen, durch Jahrhunderte zu erhalten. Die Hofdienstpflicht der Gutsuntertanen in den Dörfern des Adels führte dann im Zeitalter einer wirtschaftlichen Hochkonjunktur im 16. Jahrhundert zur Leibeigenschaft der Bauern. Die Bauern in den Dörfern des Bischofs dagegen „lebten unter dem Krummstab gut“. Außer dem Bischof, dem Lübecker Domkapitel und dem Adel erwarben auch die Klöster in Ahrensbök, Cismar, Kiel, Lübeck und Reinfeld nicht unerheblichen Grundbesitz im Gebiet des heutigen Kreises Ostholstein.

Das Aufblühen Lübecks nach der Verleihung der Reichsfreiheit 1226 begünstigte die Entstehung Neustadts als Nachfolgegründung von Altenkrempe, das, am heutigen Kirchenbau gemessen, als Stadt mit großen Aufgaben geplant war. Nach der Stadterhebung Eutins durch den Bischof Johann von Diest im Jahre 1257 festigte sich der Ruf Eutins immer mehr als bischöfliche Stadt und rückte dadurch zur Residenz des Bischofs auf. Der Ausbau des von Gerold errichteten Hauses zu einem Schloss war die unausbleibliche Folge. In Notzeiten blieb das Eutiner Schloss die Zufluchtsstätte der Lübecker Bischöfe. Auch diese menschlichen Unzulänglichkeiten blieben in der Vergangenheit nicht aus.Als sich zu Beginn des 14. Jahrhunderts der Streit zwischen dem Bischof einerseits und dem Rat und der Bürgerschaft der Stadt Lübeck andererseits ausweitete, blieb dem damaligen Bischof von Serken nur die Übersiedlung nach Eutin, in den Mittelpunkt seines Grundbesitzes mit gesicherten Einkünften. Er richtete Eutin als ständigen Bischofssitz ein.

Das Schloss und die Eutiner Stadtkirche erfuhren in jenen Jahren einen entsprechenden Aus- und Umbau. Den Grundbesitz für sein zweites Kapitel, das im Gegensatz zum Lübecker Domkapitel die Bezeichnung Kollegiatstift erhielt, erwarb er im Gebiet zwischen Oldenburg und Heiligenhafen. Unter den späteren Bischöfen, die teils dem Patritzierstand der Handelsstädte und teils dem holsteinischen Adel entstammten, erfolgte dann im Zuge der damaligen Zeitumstände der Wandel von der kirchlichen zur politischen Macht.

Die um die Mitte des 16. Jahrhunderts einsetzende Reformation begünstigte diese Entwicklung in noch größerem Umfang. Durch die Wahl eines Mitgliedes des Gottorper Fürstenhauses zum Bischof des Lübecker Bistums wurde die Verflechtung mit der Geschichte des benachbarten Schleswig-Holstein und des dänischen Königshauses immer enger. Diese verwandschaftlichen Beziehungen führten nach dem 30jährigen Krieg dazu, dass ein evangelisches Bistum Lübeck weiterhin erhalten blieb und dass eine Besetzung des Bischofstuhls durch die Mitglieder des Hauses Gottorp vertraglich festgelegt wurde. Bischof Hans (1634-1655) aus dem Hause Gottorp nahm seinen ständigen Wohnsitz in Eutin. Er war bestrebt, seinen Grundbesitz in der Nähe seiner Residenz zu mehren und erwarb zunächst die Güter Stendorf, Mönchneversdorf und Lensahn. Diese 3 älteren Fideikommissfamiliengüter wurden später um die jüngeren Fideikommissgüter, die ebenfalls im späteren Kreis Oldenburg lagen, vermehrt: Koselau, Lübbersdorf, Kuhdorf, Kremsdorf, Bollbrügge, Sievershagen und Sütel (10 Haupthöfe, 4 Meierhöfe und 21 Dorfschaften).

Der jüngste Erwerb von Grundbesitz durch den Rechtsnachfolger des Lübecker Bischofs, den Großherzog von Oldenburg, geschah erst im vorigen Jahrhundert, als die adeligen Güter Güldenstein, Manhagen und Wahrendorf erworben wurden. Zwistigkeiten zwischen verschiedenen Herrscherhäusern, Erbteilungen, Verpfändungen und Plünderungen während vieler Kriege veränderten das Bild der Landschaft zwischen Fehmarn und Lübeck von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Besonders buntscheckig gestaltete sich der Machtkampf zwischen dem dänischen König und dem Herzog von Holstein-Gottorp, der sogar um die Mitte des 18. Jahrhunderts auch die Gebietsverhältnisse im Raum des heutigen Kreises Ostholstein stark beeinflusste. Der Blick auf eine Landkarte aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ergibt für die damalige Landesverwaltung im heutigen Kreisgebiet ein außerordentlich vielseitiges und uneinheitliches Bild. Die Landschaft Fehmarn, die Gebiete um Oldenburg und Cismar und die Stadt Neustadt gehörten zum Anteil des Gottorper Herzogs und bildeten später den Anteil des Großfürsten von Russland, Heiligenhafen und Umgebung waren ein Teil des königlichen Anteils, die übrigen Gebiete des späteren Kreises Oldenburg wurden gemeinsam regiert. Der Nord- und Südteil des späteren Kreises Eutin waren im Besitz des Bischofs und des Lübecker Domkapitels, während das Amt Ahrensbök zum Herzogtum Holstein-Plön gehörte.

Durch ständige Gebietsveränderungen entstand in kurzen Zeiträumen ein anderes Bild. Dieser unmögliche Zustand wurde erst im Jahre 1773 beendet, als eine große Gebietsbereinigung erfolgte. Durch geschickte Verhandlungen des Caspar von Salderns, der sich jahrelang in Petersburg aufgehalten hatte, und seiner holsteinischen Mitarbeiter gelang es, einen Tauschvertrag zustande zu bringen, der 1773 zur Auswirkung kam. Am 1. Juni 1773 verzichtete der russische Thronfolger Paul aus dem Hause der älteren Gottorper Linie auf alle Ansprüche an dem Gottorper Anteil von Schleswig, der bereits seit 1721 dem dänischen König unterstand, und vor allem auf seinen Anteil an Holstein gegen die Abtretung der seit 1667 mit Dänemark in Personalunion verbundenen Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst, die er dem Fürstbischof Friedrich August von Lübeck aus dem oldenburgisch-gottorpischen Hause übergab. Auch der bisher unter die gemeinschaftliche Regierung gehörende Anteil von Holstein fiel ganz dem dänischen König zu. Seit 1773 war also der dänische König gleichzeitig Herzog von ganz Holstein und als solcher Vasall des deutschen Kaisers, da Holstein bekanntlich deutsches Reichslehen war.

Im vereinigten Schleswig-Holstein stand das ganze Gebiet des früheren Kreises Oldenburg bis zur Eingliederung in Preußen im Jahre 1867 in Verbindung mit dem Königreich Dänemark, während die Entwicklung des Bistums Lübeck in Verbindung mit dem Herzogtum bzw. Großherzogtum Oldenburg in anderen Bahnen verlief.Mit der Verweltlichung des Fürstbistums Lübeck wurde der Bischof Fürst im weltlichen Fürstentum Lübeck mit dem Sitz in Eutin. Die Verwaltung dieses im Raum von Heiligenhafen bis Oldesloer weit verstreuten Fürstentums geschah durch 4 Ämter: Eutin, Kaltenhof, Großvogtei und Kollegiatstift. In dieses Gebiet hinein ragte bis zur Ostseeküste das Amt Ahrensbök, das nach der Reformation aus einer Klostergrundherrschaft zu einem weltlichen Amtsbezirk geworden war.

Der Osten des heutigen Kreisgebietes Ostholstein bestand aus mehreren Verwaltungsbezirken. Es waren das Amt Cismar, die Städte Heiligenhafen, Neustadt und Oldenburg, der adelige Güterdistrikt, die schleswig-holsteinischen Fideikommissgüter, die lübschen Stadtstiftsdörfer und das zum Herzogtum Schleswig gehörende Amt oder die Landschaft Fehmarn.

Der Plöner Vertrag vom Jahre 1842, der zwischen dem dänischen König und dem Großherzog von Oldenburg abgeschlossen wurde, brachte für das Gebiet des Fürstentums Lübeck eine Gebietsabrundung und eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung. Die Zahl der bestehenden Ämtern konnte von 4 auf 2 reduziert werden. Entscheidend beeinflußt wurden die Geschicke der beiden Bestandteile des heutigen Kreises Ostholstein durch die geschichtlichen Ereignisse im Jahre 1867. Es entstand der preußische Kreis Oldenburg mit dem Sitz der Kreisverwaltung in Cismar, und das oldenburgische Fürstentum Lübeck wurde durch die Erwerbung des holsteinischen Amtes Ahrensbök zu einer geschlossenen Einheit. Die Verwaltungsgliederung dieses neuen Staates umfasste von diesem Zeitpunkt an 19 Gemeinden, von denen fast jede mehrere Dorfschaften aufwies. Sie bestanden als Verwaltungseinheiten bis zum Oktober des Jahres 1933. Dann wurden durch das Vereinfachungsgesetz 9 Großgemeinden geschaffen. Bis zum Jahre 1955 wurden durch Teilung der Großgemeinden Ratekau und Gleschendorf aus 9 Großgemeinden 11. Das Verwaltungszentrum war die Regierung in Eutin mit einem Regierungspräsidenten an der Spitze.

Der Kreis Oldenburg besaß in seinen 4 Städten und 20 Amtsbezirken für lange Zeit seine Verwaltungsgliederung. Der Landrat des Kreises hatte bis zum Jahre 1921 seinen Amtssitz in Cismar. Die Verlegung der Kreisverwaltung erfolgte auf einen Beschluss des preußischen Landtags mit Wirkung vom 1. Juli 1921 nach Oldenburg. Eine im Jahre 1935 angelaufene Reform der Verwaltungsgliederung erreichte durch den Erlass des Reichsministers des Innern vom 6. Januar 1939 einen Abschluss. Bestehende Zwerggemeinden erfuhren eine Umformung zu Großgemeinden.

Im Zuge einer längst geplanten Reichsreform wurden im Jahre 1937 der oldenburgische Landesteil Lübeck mit dem Regierungssitz in Eutin zum preußischen Kreis Eutin mit dem Sitz des Landrates in Eutin.

Zum Zeitpunkt der Zusammenlegung der beiden Kreise Eutin und Oldenburg bestand der Kreis Oldenburg aus 4 Städten, 3 amtsfreien Gemeinden und 8 Ämtern. Für den Kreis Eutin ergab sich zum gleichen Zeitpunkt folgende Verwaltungsgliederung: 2 Städte und 9 Gemeinden.

Aufgrund des Zweiten Gesetzes einer Neuordnung von Gemeinde- und Kreisgrenzen vom 23. Dezember 1969 wurden die beiden früheren Kreise Eutin und Oldenburg aufgelöst und mit Wirkung vom 26. April 1970 zum neuen Kreis Ostholstein zusammengefasst.