Inhalt

Die Sanierungsgeschichte der Eutiner Hofapotheke

Nachdem die alte Hofapotheke 1996 in ihrer ursprünglichen Funktion als Apotheke und Wohngebäude des Apothekerehepaares geschlossen wurde, herrschte eine lange Zeit Unklarheit über die weitere Nutzung des Baudenkmals.

In gemeinsamen Gesprächen mit der Sparkasse Ostholstein als neuer Eigentümerin der Hofapotheke gelang es, durch einen rückwärtigen transparenten Anbau an einen Hauptfilialanbau der Sparkasse Ostholstein eine Zukunft für das Baudenkmal zu finden. Mit der Entscheidung der Sparkasse Ostholstein, zukünftig die Räumlichkeiten der alten Hofapotheke durch eine Sparte ihres Unternehmens zu nutzen, begannen konkrete Sanierungsüberlegungen mit dem Eutiner Architekturbüro Bielke und Struve.

Das Ziel sowohl für den Eigentümer als auch die Denkmalpflege war die Erhaltung und Reparatur des vorhandenen Fachwerkbaus und die Wiederherstellung seiner historischen Raumstruktur. Nach ersten Freilegungsarbeiten begannen die Architekten im Frühjahr 1999 mit der Fertigung eines verformungsgerechten Aufmaßes. Nach Fertigstellung der Bestandsunterlagen erfolgte im Herbst 1999 die Abstimmung der Nutzerinteressen mit den aufgrund historischer Befunde notwendigen Entwurfsänderungen. Zur Entlastung des 2-stöckigen Ursprungsbaukörpers sah der Entwurf unter anderem ein offenes Treppenhaus im rückwärtigen Flügel aus dem 19. Jahrhundert vor. Die technische Anbindung an Versorgungsleitungen aller Art über einen transparenten Verbindungsgang an das Hauptgebäude der Sparkasse entlastete den Denkmalbestand. Zu diesem Zeitpunkt war bekannt, dass bis zu 70 % des Fachwerkbestandes aus unterschiedlichen Gründen reparatur- oder erneuerungsbedürftig waren.

Während der Bestandserfassung durch die Architekten wurde die abgehängte Decke im ehemaligen Offizinbereich entfernt und gab im Frühjahr 1999 den Blick frei auf eine bemalte Decke. Das Landesamt für Denkmalpflege hat über diesen bemerkenswerten Fund eine kurze Expertise angefertigt. Die bemalte Decke wurde im Juni 1999 durch eine Zusatzkonstruktion für den Zeitraum der bevorstehenden Bauphase gesichert.

Die eigentlichen Bauarbeiten begannen nach erfolgter Ausschreibung Ende 2000. Das Gebäude und anschließend das Fachwerkgerüst wurde unter ständiger Begleitung des Statikerbüros Clasen freigelegt. Umfangreiche Hilfskonstruktionen und Abfangungen wurden durch eine nun sichtbare Konstruktion notwendig, die geschädigter war als erwartet. Sukzessive wurden Fachwerkhölzer und –knoten repariert, befallene, gebrochene oder marode Fachwerkhölzer durch Altholz in gleichen Dimensionen denkmalgerecht ersetzt.

Als Ursache für die erhebliche Absackung des Fachwerkgerüstes am stadtseitigen Giebel wurden zwischenzeitlich stabilisierte Probleme im Baugrund erkannt. Wie in der gesamten Hauptansicht der alten Hofapotheke wurde auch in diesem Bereich das Fachwerkgefüge wiederhergestellt und anstelle der großen Schaufenster wieder eine stimmige historische Befensterung vorgesehen.

Als Ursache für die erheblichen Verformungen im Dachstuhl wurden mangelhafte statische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Herstellung des Rückflügels im 19. Jahrhundert gesehen. Im Zuge dieses Fachwerkanbaus wurde der Krüppelwalm zugunsten einer umlaufenden Traufe verändert. Die entstandene Situation galt es mitsamt den sichtbaren Verformungen im Sichtfachwerk zu stabilisieren.

Nach Wiederherstellung eines statisch einwandfreien Zustandes stellte sich heraus, dass entgegen ersten Annahmen nunmehr  90 % des Fachwerks hatte erneuert werden mussten. Diese Erkenntnis war für alle Beteiligten bedauerlich, aber nicht zu ändern.

Im Herbst 2001 wurde die alte S-Pfanneneindeckung mit einem Unterdach wieder aufgebracht. Details - wie die Ziegelkehle - wurden denkmalgerecht ausgeführt.

Die Suche nach altem passendem Rotsteinmaterial für die Fachwerkausfachungen blieb erfolglos. Neue Rotsteine wurden in passender Form unter Verwendung von Fehlbränden von der dänischen Fa. Falkenlowe geliefert und von Firma Hamann verarbeitet. Das Ausfachen begann im Oktober 2001 seitenweise nach erfolgter Freigabe der einzelnen Fachwerkwände. Dabei wurden die überlieferten Ziergesimse eingearbeitet. Zur Verwendung kam ein frostbeständiger hochhydraulischer Kalkmörtel. Damit sich das Fachwerk ausreichend „setzen“ konnte, sollte die abschließende Verfugung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Der später angebaute Rückflügel verfügte über ein kleineres Steinformat als Sichtmauerwerk. Hier wurden Rotsteine nach Befund ersetzt oder ergänzt. Im Juni 2002 wurde mit der Verfugung begonnen. Zunächst wurde die Außenwand im rückwärtigen Flügel mit einem hellen hochhydraulischen Kalkmörtel verfugt. Die Anschlussfugen an das Fachwerkgerüst wurden dabei in traditioneller Weise mit einer Kälberhaarbeilage zum Kalkmörtel verfugt. Andauernde schlechte Witterungsverhältnisse und eine vergleichsweise hohe Restfeuchte in der Fachwerkkonstruktion ließen die Verfugungsarbeiten im Juli 2002 zunächst ruhen.

Nach langen Überlegungen in enger Zusammenarbeit mit den Architekten kam eine direkt ins Fachwerk stumpf

einschlagende Befensterung mit klassizistischer Sprossenteilung zur Ausführung, deren Verglasung in traditioneller Form von außen mit einem Kittfalz eingesetzt wird. Die Fenster wurden von der Fa. Tolinski gefertigt. Bei der Verglasung der Fa. Dörr handelt es sich um eine nur 10 mm starke Isolierverglasung. Durch diese Lösung bleiben die wenigen noch vorhandenen innensichtigen Holzprofile erlebbar.

Im Juni 2002 wurden die Lehmbauarbeiten durch Fa. Delueg durchgeführt. Alle Außenwandgefache im Ursprungsbaukörper wurden innenseitig mit Lehm verputzt. Die erdgeschossige Diele, die fachwerksichtig verbleiben sollte, erhielt ebenfalls einen Lehmverputz in den Gefachen.

Nach der Rohbauphase setzte im Frühjahr 2002 die Ausbauphase ein. Parallel wird bis Ende 2002 das Aussenfachwerk mit einer Verfugung versehen.

Im Januar 2003 wird im Zusammenhang mit der Richtung der Eingangsstufenanlage auch die nachempfundene Eingangstürumrandung sowie eine Kopie des Hofapothekenwappens wieder angebracht.

Zum Jahresbeginn 2003 wurden die Dielenfußböden im Erdgeschoss sowie der Öländer Fußbodenbelag in der Diele eingebracht. Im Februar 2003 wurde auch der Tischbeinofen wieder aufgesetzt: In dem Erdgeschossraum mit der bemalten Holzbalkendecke erhielt er einen würdigen Standort. Nach erfolgter Heizungsinstallation konnte im Februar 2003 die Restaurierung der bemalten Decke durch den Lübecker Restaurator Beetz in enger Abstimmung mit der Restauratorin des Landesamtes für Denkmalpflege vorgenommen werden.

An die Gestaltung des alten Hofapothekergartens wurde rechtzeitig gedacht. Die Eutiner Landschaftsarchitektin Bockel stellte eine Planung vor, die ein stimmiges Ambiente für das Baudenkmal erwarten ließ. So wurde nordseitig der Hofapothekergarten mit seiner gründerzeitlichen Einfriedung wieder hergestellt. Im "Keuchhustengang" wurde eine Außenanlage mit einer behinderntengerechten Außenrampe geschaffen.

Zur offiziellen Einweihung der Hofapotheke am 28.03.2003 wurde ein für Eutin wichtiges Baudenkmal in herausragend saniertem Zustand einer neuen Bestimmung übergeben werden können. Damit ging eine der aufwändigsten Sanierungen im denkmalpflegerischen Bereich in Ostholstein zu Ende. Aus denkmalpflegerischer Sicht ist es gelungen, ursprüngliche Raumstrukturen und äußeres Erscheinungsbild, das durch den Klassizismus und einen rückwärtigen Anbau nicht unwesentlich verändert wurde und durch interne Umbauten im Fachwerkgefüge erheblich gestört war, denkmalgerecht zu reparieren beziehungsweise wieder herzustellen und letztlich Äußeres und Inneres zur Deckung zu bringen, damit eines der bedeutendsten Eutiner Baudenkmale und seine Geschichte ablesbar bleibt.