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Der Frauenpolitische Arbeitskreis in Ostholstein erklärt: »Menschenwürdiges Existenzminimum schließt Recht auf Verhütung ein«

Autor/in: Stellv. Pressesprecherin
Quelle: Gleichstellungsbeauftragte Ostholstein

Eutin. In seiner Juni-Sitzung hat sich der Frauenpolitische Arbeitskreis mit dem Thema „Verhütungsmittelfonds“ beschäftigt. Mit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes im Januar 2004 ist für ALG II- bzw. Sozialgeldempfänger der Rechtsanspruch auf zugesicherte Hilfe zur Familienplanung abgeschafft worden. Damit ist das Recht auf Familienplanung, das seit der Internationalen Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung in Kairo bereits 1994 als Menschenrecht anerkannt wurde, nicht mehr für Hartz-IV-Empfänger garantiert.
Wir erinnern uns: die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die bisherige Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze sei verfassungswidrig, soll anmahnen, dass es in unserer Verfassung um die Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums geht. Derzeit werden bei einem Regelsatz für ALG-II-Empfänger von 359 Euro pro Monat für einen allein stehenden Erwachsenen für Gesundheitspflege (z.B. Medikamente + Praxisgebühr) lediglich 14 Euro veranschlagt. Fakt ist: von diesem geringen monatlichen Betrag können Verhütungsmittel nicht bezahlt werden.
Mitarbeiterinnen der Schwangerschaftsberatungsstellen der AWO, des Sozialdienstes Katholischer Frauen und des Notruf Ostholstein und andere Verbände weisen seit langem darauf hin, dass es aufgrund finanzieller Notlagen immer häufiger zu ungewollten Schwangerschaften kommt. 89% der „pro familia“ Beratungsstellen beobachten, dass Frauen aus finanziellen Gründen überhaupt nicht verhüten.
Die Städte Flensburg und Lübeck haben sich bereits für die Übernahme von Verhütungsmittelkosten entschieden. Immer mehr Kommunen wollen das so genannte Flensburger Modell übernehmen, unser Nachbarkreis Stormarn hat es bereits getan. Die Kommunen erkennen, dass Verhütungsmittel präventiv angelegtes Geld im Sinne aller Beteiligten ist, denn die Folgekosten für die Allgemeinheit, beispielsweise, wenn ungeliebte Kinder in Pflegefamilien untergebracht werden müssen, sind weitaus höher.

Am 1.März wurde im Sozialausschuss des Kreises nach Diskussion über Anträge der SPD-Fraktion und der Grünen-Fraktion ein Prüfauftrag für die Verwaltung beschlossen, wie die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln (analog dem Flensburger Modell) im Kreis Ostholstein effektiv, kostengünstig und ohne zusätzliche Kreditaufnahme umgesetzt werden könne.
Obwohl die Verwaltung des Kreises in der Mai Sitzung des Sozialausschusses einen praktikablen Weg der Finanzierung aufzeigte, haben CDU, FDP und die Freien Wähler entschieden, die Verhütungsmittelkosten im Kreis Ostholstein derzeit nicht zu übernehmen, sondern das Thema im Rahmen der Haushaltsberatung 2011 erneut auf die Tagesordnung zu setzen.
Der Frauenpolitische Arbeitskreis in Ostholsteiny wird weiterhin versuchen, die Kreistagsmitglieder von der Notwendigkeit der Übernahme von Verhütungsmittelkosten für sozial Schwache zu überzeugen.